Am 18.11.2022 habe ich das erste Mal Hormone und Testoblocker genommen. Was hat sich seitdem bei mir verändert.
Zum Vergleich. Vor Beginn der Hormontherapie war ich vom Körper her ein durchschnittlicher Mann. 1,73 m groß, 65 Kg schwer und damit ein BMI von 21,7, was einem soliden Normalgewicht entspricht. Ich wirkte jedoch sehr schlank, da ich auf der Arbeit körperlich gefordert war und viel Muskelmasse besaß.
Kommen wir nun zu den Veränderungen seitdem. An der Körpergröße hat sich so nichts verändert. Auch die Schuhgröße ist gleichgeblieben. Manche haben schon davon berichtet, dass sich ihre verkleinert hat. Entweder kommt da noch was bei mir oder da ich eh schon immer schlank war, hat sich da noch nichts verändert.
Mein Körpergewicht hat sich jedoch seitdem verändert. Ich bin seit einem ¾ Jahr bei stabilen 73 Kg, was einem BMI von 24,4 und damit noch immer Normalgewicht entspricht. Ich erwähne das stabil seit einem ¾ Jahr deswegen, weil ich früher je nach Jahreszeit zwischen 63 Kg und 68 Kg geschwankt bin. Meine Endokrinologin meinte zwar, sowas gäbe es nicht, da ich mich aber Jahrelang immer einmal in der Woche auf die Waage gestellt habe, kann ich diese Schwankungen belegen. Die sind halt seit der HRT verschwunden. Bin also 5 Kg schwerer geworden wie das Schwankungsmaximum, aber dafür ist das Gewicht stabil. An sich mache ich mir wegen den paar Kilo auch keine Gedanken. Es ist bekannt, dass man durch die HRT zunimmt und bei mir hält es sich in Grenzen. Wie sieht es nun konkret mit anderen Veränderungen aus.
Körperlich:
Die aktuell sichtbarste Veränderung, welche meinem Umfeld auffällt, sind meine Haare. Die habe ich mir länger wachsen lassen. Das ist keine direkte HRT-Veränderung, aber ich hatte am Hinterkopf mittlerweile eine kahle Stelle bekommen. Laut anderen ist diese Stelle dichter geworden. Das kann bei manchen eine positive Nebenwirkung sein. Noch ist meine kahle Stelle jedoch nicht komplett wieder zugewachsen, was bei mir Dysphorie auslöst. Zum Glück werde ich nur selten mit dieser Ansicht konfrontiert und meine Geheimratsecken werden relativ gut durch die jetzt langen Haare verdeckt.
Die zweite sichtbare Veränderung betrifft mein Gesicht. Das ist etwas fülliger und weicher geworden. Hin und wieder habe ich auch wirklich das Gefühl, dass mich jetzt ein weibliches Gesicht im Spiegel ansieht. Auch habe ich seitdem keine Pickel mehr und meine Hautstruktur ist allgemein besser geworden.
Die dritte Veränderung betrifft meine Oberweite. Wenn ich dusche oder mich umziehe, dann kann ich von Oben herab diese auch recht gut erkennen. Im Sommer im T-Shirt bemerkt man auch schon was. Von der Seite oder beim Foto machen ist sie dann jedoch nicht ganz so gut zu erkennen.
Doch was bedeutet das in Zahlen. Der Unterbrustumfang beträgt: 91 cm und der Brustumfang ist: 96 cm. Die Internetrechner und Tabellen, die ich ausprobiert haben, sind für so eine kleine Oberweite nicht ausgelegt. Das passendste dafür ist das Ergebnis 90AA. Wobei mir dafür noch 4 cm mehr Brustumfang fehlen. Bedingt durch diese geringe Größe trage ich auch aktuell keinen BH. Wenn ich eine Kiste trage, dann spüre ich sie und beim Rennen ist ein Auf und Ab bemerkbar, aber es ist nicht schlimm.
Essen:
Die HRT hat zumindest bei mir zu einer Veränderung meines Essen Verhaltens geführt. Ich hatte auf einmal von einem Tag auf den anderen eine riesige Lust auf Erdnüsse (um genau zu sein Nick Nocks) gehabt. Für Wochen habe ich gefühlt Erdnüsse Kiloweise gefuttert, aber dafür konnte ich mit gesüßten Getränken nichts mehr Anfangen und auch anderen Süßigkeiten. Trinke seit dem fast nur noch Wasser.
Nach einer Weile hat sich das zwar wieder etwas gegeben, aber ich esse trotzdem noch immer jede Woche Erdnüsse und deutlich weniger Süßkram als noch vor der HRT. Die Erdnüsse enthalten zwar Fette, das sind aber die „gesunden“ und andere gute Inhaltsstoffe. Unter dem Strich dürfte ich deswegen von der Ernährung in dem Bereich gesünder dastehen.
Eine Veränderung, die ich schade finde, ist, dass ich scharfes nicht mehr so abhaben kann. Früher habe ich sehr gerne Pizza Diavolo mit extra scharfer Soße und Chili Pulver nachgewürzt. Das war für mich sogar ein super Essen an schlechten Tagen, da es meine Laune spürbar verbessert hat. Mittlerweile ist mir die Diavolo sogar ohne nachwürzen zu scharf und ich habe sie leider von meinem Essensplan gestrichen.
Charakter:
Hier hat die HRT wirklich großen Einfluss genommen. Meine emotionale Bandbreite hat sich immens erweitert. Von guten, aber bedauerlicherweise auch zum schlechten. Ich freue mich mehr und reagiere emotionaler auf schöne Sachen, wie z.B. wenn mein Hund Hugo mal wieder was extrem süßes macht. Leider bin ich dadurch aber auch näher am Wasser gebaut. Da stehe ich mir selbst im Weg so, dass ich nicht direkt weinen kann, aber ich spüre diese Phase häufiger und stärker.
Dazu bin ich verschmuster geworden und hätte liebend gerne mehr (intime) Nähe zu anderen Menschen. Auch habe ich mehr Plüschiges und ein Stoff Stitch ist mein dauerhafter Bettbegleiter geworden.
Ich hoffe, dass diese Eindrücke für die ein oder andere Person von Interesse oder gar hilfreich sind. Falls bei euch etwas nicht übereinstimmen sollte oder gar nicht stattgefunden hat, dann macht euch deswegen keine Gedanken. Jeder HRT verläuft anders und es gibt eine Strichliste, die man abhaken müsste, um zu sehen, dass alles richtig verläuft.
Hallo liebe Lucy!
Vielen Dank dafür, dass du deine Erfahrungen teilst. So kann man dich und andere Transfrauen besser verstehen und nachvollziehen, was du erlebst und wahrnimmst.
Als Frau kann ich Deine emotionale Entwicklung besonders gut verstehen. Aus meiner Sicht ist es vollkommen in Ordnung und sogar etwas Positives, dass du „nahe am Wasser gebaut“ bist. Meiner Meinung nach zeigt sich dadurch wachsende Feinfühligkeit und Sensiblität, was ich persönlich schätze und begrüßen würde. Weiter so, und Alles Gute!
Hallo liebe Lucy!
Vielen Dank dafür, dass du deine Erfahrungen teilst. So kann man dich und andere Transfrauen besser verstehen und nachvollziehen, was du erlebst und wahrnimmst.
Als Frau kann ich Deine emotionale Entwicklung besonders gut verstehen. Aus meiner Sicht ist es vollkommen in Ordnung und sogar etwas Positives, dass du „nahe am Wasser gebaut“ bist. Meiner Meinung nach zeigt sich dadurch wachsende Feinfühligkeit und Sensiblität, was ich persönlich schätze und begrüßen würde. Weiter so, und Alles Gute!