Heute möchte ich über meine Erfahrungen mit dem TSG berichten.
Kommen wir zur ersten Frage:
Was ist das TSG?
Das Transsexuellengesetzt (kurz TSG) ermöglicht es Menschen, rechtlich in ihrem von ihrem bei der Geburt festgestellten Geschlecht abweichenden Geschlecht anerkannt zu werden.
Einfach gesagt, bist du z.B. eine trans Frau, dann kannst du deine offiziellen Angaben wie Vorname und Geschlecht auf das richtige umändern lassen.
Eingeführt wurde das Gesetz zum 01.01.1981 und war damals extrem diskriminierend für Betroffene. Aus diesem Grund wurde gegen das Gesetz geklagt und etliche Stellen (da es hier ein Erfahrungsbericht ist, spare ich mir die Details) gestrichen.
Übrig geblieben sind lediglich folgende Voraussetzungen:
„Für beide Vorgänge ist gemäß §1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 TSG erforderlich, dass die antragstellende Person
1. sich aufgrund ihrer ‚transsexuellen Prägung‘ nicht mehr dem in ihrem Geburtseintrag angegebenen Geschlecht, sondern dem anderen Geschlecht als zugehörig empfindet,
2. mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass sich ihr Zugehörigkeitsempfinden zum anderen Geschlecht nicht mehr ändern wird, und
3. sie
a) Deutscher im Sinne des Grundgesetzes ist,
b) als Staatenloser oder heimatloser Ausländer ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat,
c) als Asylberechtigter oder ausländischer Flüchtling ihren Wohnsitz im Inland hat oder
d) als Ausländer, dessen Heimatrecht keine diesem Gesetz vergleichbare Regelung kennt,
aa) ein unbefristetes Aufenthaltsrecht besitzt oder
bb) eine verlängerbare Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich dauernd rechtmäßig im Inland aufhält.“
In kurz bedeutet das, dass ihr euch sicher sein müsst, dass ihr Trans seid, dies nicht mehr vorhabt zu ändern und im Grunde die deutsche Staatsbürgerschaft haben müsst.
Was wird benötigt?
Das ist eine nicht zu 100 % von mir zu beantwortende Frage, denn jedes Bundesland handhabt es anders. So habe ich von manchen schon gehört, dass sie nur ein paar hundert Euro an das Amtsgericht überwiesen haben, um das Verfahren zu starten und dann wohl die Gutachten direkt bezahlen.
Bayern hingegen verlangt 3.000 € Vorauszahlung und manche Gutachter nehmen von diesem Geld dann 500 € für ein vorgefertigtes Gutachten, bei dem nur der Name ausgetauscht wird.
Hessen hingegen verlangt 1.500 € und die Gutachter können frei gewählt werden. Sollte eins keine Gutachter als Wunsch angeben, dann versucht das Amtsgericht Gutachter in der Nähe der Antrag stellenden Person zu vermitteln. So war die Aussage des für mich zuständigen Richters.
Das ist der finanzielle Aspekt. Ansonsten bedeutet es, dass eins, zwei Gutachten benötigt, diese nach Antragsstellung beim für einen zuständige Hauptamtsgericht einreichen muss (in Hessen ist das Frankfurt am Main) und danach gibt es beim Amtsgericht einen Termin, in dem noch einmal das Rechtliche durchgesprochen wird, (Ich hatte da noch die Möglichkeit im Grunde alles zu ändern und hatte mich kurzerhand noch für einen Zweitnamen entschieden), die Formalien werden ausgefüllt, ein paar Fragen gestellt und dann kann man sich entscheiden. Entweder eins wartet bis der endgültige Bescheid ankommt und lässt eine Frist verstreichen, bis der Bescheid gültig wird oder aber eins erklärt direkt beim Richter, dass man auf alle Rechtsmittel verzichtet, dann ist der Bescheid sofort gültig.
Wie geht man am besten vor?
Jetzt kommen wir zur eigentlichen Arbeit. Ihr seid euch also sicher, dass ihr das TSG machen wollt und seid nun bereit dazu es in Angriff zu nehmen.
Als Grundlage diente mir das Formular für die Änderung der Vornamen nach § 1 TSG vom queer-lexikon. Zu finden ist es hier.
Dieses hatte ich ausgefüllt und Ende September an das Amtsgericht geschickt. In diesem hatte ich auch meine zwei Wunschgutachterinnen angegeben. Beilegen musste ich noch eine aktuelle Meldebescheinigung
-Der Vorteil hier an Hessen sind wirklich die Wunschgutachter, denn so kann eins sich Probleme ersparen. Andere Bundesländer verpflichten einen zu Gutachtern und bei manchen habe ich teils ziemlich miese Sachen gehört. Sollte eins die Gutachter also nicht kennen, sollte man ein dickes Fell und eine gute „Du kannst mich mal“ Einstellung haben.-
Wenn dann beide Gutachter genehmigt wurden, was bei mir dann Mitte Oktober passierte, heißt es bei beiden Gutachtern Termine ausmachen. Bzw. den Termin kann man auch vorher schon ausmachen und hoffen, dass das Amtsgericht niemanden ablehnt, dann spart man sich Zeit.
Das erste Gutachten hatte ich sehr schnell und unproblematisch, da es sich dabei um meine Therapeutin gehandelt hat. Da die Gutachter ihr Gutachten direkt an das Amtsgericht schicken, bekommt man vom Amtsgericht eine Rückmeldung mit einer Kopie des Gutachtens. Ich hatte dann im November die Rückmeldung für das erste Gutachten.
Bei mir war das Problem Gutachterin Nr. 2. Diese hatte zwischenzeitlich so viele Gutachten zu erstellen, dass ich erst Ende Dezember „dazwischen“ geschoben wurde. Hier habe ich also eine Menge Zeit verloren. Im Grunde hat sie ihren Job gut gemacht und es war Respekt vorhanden, jedoch musste ich meine Vergangenheit einmal komplett vorlegen, was mich für den Tag massiv aus der Bahn geworfen hatte und für Alpträume bei mir gesorgt hatte. Zudem hat sie psychologische Tests gemacht, welche meiner Meinung nach reine Zeitverschwendung waren und laut meines Richters auch nur von ihr gemacht werden.
Im Januar kam dann vom Amtsgericht die Bestätigung des Gutachtens. Einen Termin für das Gericht gab es da jedoch noch nicht, da der für mich zuständige Richter im Urlaub war. Schlussendlich hatte ich dann für Anfang April den Termin.
Das Amtsgericht:
Nun war der Tag endlich gekommen. Der letzte Termin um das TSG abzuschließen nach etwa 7 Monaten. Ich hatte mir sicherheitshalber den Tag freigenommen, musste also nicht zur Arbeit. Vor lauter Aufregung war nicht viel mit Essen und Trinken, aber da ich zum Glück einige gute queere Freunde habe, konnte verhindert werden, dass ich vor Aufregung die Wände hochlaufe.
Zur Sicherheit, habe ich mir meine weiblichsten Klamotten zusammengesucht, die Frisur gemacht und kurz vorher den Nagellack erneuert. So wollte ich verhindern, dass ich als zu männlich einfach abgelehnt werde.
Mit einem großen Zeitpolster bin ich dann nach Frankfurt gefahren, habe im nahen gelegenen Parkhaus geparkt und bin zum Amtsgericht gelaufen. Als ich dort hin bin, wurde in der Straße viel gebaut und die Eingänge waren ziemlich unübersichtlich. Habe dann den erst besten Amtsgericht Eingang genommen und am Eingang die Pförtnerin gefragt, ob ich richtig bin. Glück gehabt, ich habe das richtige Gebäude erwischt.
Bevor ich richtig hereinkam, musste ich durch eine Sicherheitskontrolle, wie beim Flughafen, hindurch. Abgesehen, dass ich ein schon längst vergessenes Notfallwerkzeug dann bei der Kontrolle lassen musste, gab es keine Probleme und ich war eine halbe Stunde zu früh beim Termin.
Glücklicherweise hat der Richter dann 15 Minuten vor dem Termin aus der Tür herausgesehen, mich entdeckt und ich konnte so schon früher drankommen.
Es handelte sich dabei um einen Mann, vermutlich in den 40ern, normal gekleidet, also nichts mit Richterrobe und das Büro war recht klein. Zusammen mit dem Flur draußen hatte das ganze etwas von einer Gefängniszelle.
Er hatte mich dann freundlich begrüßt und direkt gemeint, dass er keinen Grund sieht meinem Antrag nicht stattzugeben. Das hat schon für immense Erleichterung bei mir gesorgt. Er hat mich dann über das Rechtliche aufgeklärt, mir noch einmal die Möglichkeit gelassen über meinen zukünftigen Namen nachzudenken, weswegen ich mich dazu entschlossen habe einen Zweitnamen dazu zunehmen und mich dann ein klein bisschen ausgefragt. So wollte er den Hintergrund zu meinen Zweitnamen Lilith wissen und wie zufrieden ich mit meinen Gutachtern war, damit sie im Notfall andere Antrag stellende dort hin vermitteln könnten.
Zum Schluss habe ich mich dann noch dazu bereit erklärt auf Rechtsmittel zu verzichten, weswegen der Antrag dann mit dem Ausstelldatum direkt gültig ist. Hätte ich dies nicht gemacht, dann wäre er erst mit einer Frist gültig geworden und ich hätte so mit dem fertigen Bescheid vor der Nase noch unnötig warten müssen.
Nach etwa 7 Monaten TSG Verfahren war ich mir sicher und wollte das Ganze dann auch so schnell wie möglich beenden.
Leider bekommt man dann keine Ausfertigung des Beschlusses direkt vor Ort, sondern muss dann noch einmal ein paar Tage warten, bis der Beschluss per Brief kommt. Bei mir war das an dem Freitag der Fall, an dem das SBGG-Beschlossen wurde, welches das TSG ab dem 01.11.2024 ersetzen soll.
Eine weitere wichtige Information des Richters für mich war, dass meine Gutachten wohl recht günstig ausgefallen sind, weswegen ich eine größere Summe meiner 1.500 €, die ich angezahlt habe, wieder zurückbekommen soll. Wie viel konnte er mir nicht sagen, da das eine andere Abteilung macht und zum Datum, an dem ich diesen Blogbeitrag geschrieben habe, war noch nichts bei mir angekommen.
Ich hoffe, meine Erfahrungen helfen noch irgendjemanden oder zumindest aus „historischer“ Sicht könnte es von Interesse sein.
Ein Gedanke zu „TSG – Ein Erfahrungsbericht“